Nutzlast. 2000 

So, wie der Titel des Buches „Kulpoche“ aus den Begriffen „Kultur“ und „Epoche“ eine Wortschoepfung konstruiert, die sich auf bestimmte kulturelle Brueche bezieht, unterlegt auch der Titel, unter dem er seine juengsten Arbeiten zusammenfasst, einen gelaeufigen Inhalt mit neuer Bedeutung: „Nutz-Last“ meint bekanntermaßen die maximale Belastung etwa eines Fahrzeugs, und kein Wirtschaftslexikon versaeumt, darauf hinzuweisen, dass zum Zweck der Selbstkostensenkung die Nutzlast optimal auszunutzen sei. Bertram Kober bricht diese Bedeutung ironisch und fragt in einer Unterschicht seiner Bilder: Wie hoch ist die Nutzlast der Erde, was haelt sie aus. Das mag didaktisch klingen, wird aber durch den kuenstlerischen Zugriff der Fotos mit seinen vielen Bedeutungsschichten sublimiert.

Das aktuelle Projekt „Nutz-Last“ geht in seinen Urspruengen auf die Zeit um 1990 zurueck, als Bertram Kober nach dem Studium in Leipzig bei Evelyn Richter ein Zusatzstudium an der Gesamthochschule in Essen absolvierte. Waehrend der zahllosen Touren zwischen Leipzig und Essen, wurde ihm zweierlei bewusst: Einmal mit welcher Geschwindigkeit der verkehrstechnisch eher minderbemittelte ehemalige Osten an Mobilitaet nachruestete, zum anderen als wie fragwuerdig und in vielerlei Hinsicht – von den Konsequenzen fuer die Umwelt bis hin zum wahnwitzigen Verschleiß an Menschen und Material – folgenreich sich unsere Fetischisierung des Autos, des „heiligen Bleches“ eben, erweist. Die Tatsache, dass offenbar, wie Kober selbst sagt, „der Verschleiß das Wesensmerkmal von Mobilitaet“ ist, fuehrte ihn dazu, sich mit unterschiedlichen Aspekten der rabiaten Vernutzung unserer Welt zu befassen.

Dr. Peter Guth
Auszug aus: Nutz-Last. Fotografien von Bertram Kober. In: Mitteilungen Gohliser Schloesschen. 2000. Seiten 3 – 4

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