14 Fotografien. 1989
Photographien werden oft auf das Abbild reduziert, dass sie (meist) auch sind. Das ist in vielen Faellen (etwa fuer wissenschaftliche oder Produktphotographie) ganz angemessen. Dennoch sind Photographien fast immer auch Bilder, also aesthetische Gestaltungen, die etwas bedeuten. Bei kuenstlerischen Photographien, Kunst mit Photographie, Photographie als Kunst ueberwiegt dann das Bild, duerfen die Bilder nur noch sich selbst bedeuten. So weit treibt es Bertram Kober nicht. Seine Bilder weisen noch ueber sich hinaus, auf uns. So Vierzehn Photographien, aufgenommen zwischen 1979 und 1989.
Saetze zu den Bildern: Synagoge Goerlitz - Der Verfall steigert die Schoenheit, die Schoenheit das Entsetzen ueber den Verlust. FDJ-Pfingsttreffen - Der Versuch, eine christliche Tradition politisch und ideologisch zu ueberformen, das Bild des Sowjetsoldaten vom Treptower Ehrenmal als saekularisierte Madonna. Vierhusen bei Greifswald - Vier Baeume am Zaun, der Blick geht zwischen Ihnen hindurch ins Weite, Ferne – Metapher einer Sehnsucht. Seelingstaedt - Der erschoepfte Mann in die Decke geschlagen, der Trinktopf auf dem Tisch, da ist er wieder da, der Lebensentzug des Militaers, auf dem Punkt. Suedfriedhof Leipzig - Eine aufgesockelte Engelsfigur vor festgefuegter Mauer aus Steinquadern: stillgestellte Bewegung, kein Ausweg. Kulturgeschichtliche Tagung im Haus der Ministerien - Skepsis und Langeweile, gemahnen an Rilkes Vers „Wer spricht von siegen, ueberstehn ist alles“. Rietschen Oberlausitz - Ein kahler Baum, ein Rankgeruest, eine Frau schuettelt ein Tuch aus, Starre und kurzes Schweben – wie geht das aus? Markranstaedt (brennender Sessel) - Mein Lieblingsbild aus der Serie, verheißungsvoll lustvoll lodernd, wie Alexander Herbrichs Gedicht „Das Feuer Heißa, ein lustiger Strauch“. Bernhard Heisig - Gesehen, als fest sitzender Denk und Maler. Fußweg Leipzig - Die Spuren der Geschossgarben, Narben im Granit der Gehwegplatten, begehbare Geschichtszeugnisse, gewiss laengst ersetzt durch perfekt Geglaettetes. Am Rand der Mai-Demonstration - stehen beziehungslose Passanten, warten, dass es vorbei ist. All diese Bilder, scheinbar einfache, kleine, unspektakulaere bilden in der Auswahl, Abfolge und im Rueckblick Versatzstuecke einer Gesellschaftskritik durch Feststellen.
T.O.
Immisch
Auszug aus der Laudatio zur Eroeffnung der Ausstellung „Bertram Kober“ im
Fotomuseum Leipzig am 19.03.2004